Sich umarmen & Sich aus der Umarmung lösen

Wenn ich überhaupt über ein Wort schreiben sollte, dann über das Wort ABER. Denn dieses Wort höre ich gefühlte 10‘000 Mal am Tag von meinen Kindern. Keine Anweisung wird einfach so ausgeführt, es kommt immer noch ein ABER, mit einer noch besseren Idee oder einem Argument, warum man meiner Anweisung nicht Folge leisten will.

 

 

ABER heute schreibe ich über das Wörtchen UND. Dieses Wort kündet etwas Kommendes an, die Geschichte geht weiter, erzählt von „mehr“. Das UND kommt mir vor wie der Leim, der zwei Worte oder Sätze zusammenhält, ohne es wäre das Ganze abgehackt, nicht fliessend und ohne es wäre ein Satz manchmal um so Vieles verständlicher.

 

Ich erlebe in meinem Alltag viele solche UNDs, die von etwas Kommendem künden oder die mein Leben zusammenhalten. Die UNDs, die alles so viel spannender machen, aber manchmal auch alles verkomplizieren...


 

 

 

"Alles, was auf der Erde geschieht hat seine von Gott bestimmte Zeit:             Geboren werden & sterben,  einpflanzen & Ausreissen  niederreissen & aufbauen...


Salomo hat es im Buch des Predigers auf den Punkt gebracht: Alles hat seine von Gott gegebene Zeit, es kommt immer ein UND, wenn eine Zeit zu Ende geht.

Wie gerne nähme ich nur jeweils den schönen Teil vor dem UND; das Lachen, Einpflanzen, Reden, Tanzen…


Es gibt so eine UND Geschichte in meinem Leben, bei der ich das UND gerne streichen würde. Der Prediger nennt es „Sich umarmen & sich aus der Umarmung lösen“. 


Alle Jahre wieder dürfen wir im Sommer meine Schwiegereltern willkommen heissen, eine riesen Freude für unsere Kinder und für uns. Einmal im Jahr gibt es eine geballte Ladung grosselterliche Liebe und Aufmerksamkeit.

Da meine Schwester mit ihrer Familie ebenfalls im Ausland lebt, sehe ich auch sie nur einmal im Jahr, meist auch im Sommer. Und so geht es für unsere Familie nicht nur klimatechnisch, sondern auch emotional heiss zu und her in den Sommermonaten. Die Zeit vergeht dann wie im Flug und die Sommerferien gehen nicht nur schnell, sondern in Lichtgeschwindigkeit vorbei…


UND dann kommt das Abschied nehmen. Das wäre dann der Teil mit den Tränen, dem Gefühl des Verlustes, dem Wunsch, dass es doch anders sein sollte. Ich weiss dann jeweils, dass das Umarmen vorbei ist, will mich aber unbedingt festklammern und muss schlussendlich doch akzeptieren, dass es an der Zeit ist mich aus der Umarmung zu lösen.


Abschied nehmen hat für mich viel mit Vertrauen zu tun. Vertrauen in das Leben, dass es auch wieder ein Umarmen geben wird, Vertrauen in Gott, dass er die Lücke die entsteht ausfüllt und Trost gibt. Vertrauen in die Beziehung , dass sie der Distanz standhält und trotz der Entfernung an Nähe gewinnt.

Ich muss bereit sein loszulassen, einen geliebten Menschen ziehen zu lassen und darauf vertrauen, dass ihre Erlebnisse dort und meine Erlebnisse hier, uns nicht voneinander entfremden sondern uns bereichern. 


Jedes Jahr muss ich mich aufs Neue für dieses Vertrauen entscheiden, dafür, dass loslassen kein Verlust ist sondern Gewinn. UND ich mache die Erfahrung, dass nur durch das Loslassen, die Arme frei werden - frei für eine neuerliche Umarmung...

...weinen & Lachen,               wehklagen & tanzen,           Sich umarmen & sich aus der Umarmung lösen,         finden & verlieren,             aufbewahren & wegwerfen   zerreissen & zusammennhähen ,               Schweigen & Reden... "         

aus der Bibel / Prediger 3


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Kommentare: 1
  • #1

    Derjenige im Ausland (Donnerstag, 13 August 2015 03:03)

    Hallo Lieblingsschwiegertochter
    Das mit dem Umarmen und Loslassen hast du treffend beschrieben. Es geht uns auf dieser Seite der ganzen Geschichte ja auch so.
    Nur wer eine gute Beziehung mit einem Menschen hat, kann dies so erleben. Sonst würde man sich nicht auf ein Wiedersehen freuen und beim Abschiednehmen Schmerz empfinden. Und da wir eben eine sehr schöne und wertvolle Beziehung mit dir haben, erleben wir dieses UND eben sehr intensiv.
    Und so wie ich uns kenne, wird dieses UND so bleiben. Und das ist auch gut so.
    Feste Umarmung von mir.

    (Bitte lass mich wissen, ob dich diese Zeilen auf diese Weise erreichen. Danke)