Was mich ein Nuggi über das Leben lehrt...

Gestern war es soweit; unsere Jüngste hat sich von ihren heissgeliebten Nuggis (Schnuller) getrennt. Sie wusste schon lange, dass sie sie nach ihrem 4. Geburtstag abgeben muss. Das ist eigentlich erst in einem Monat, aber mein Mann konnte sie in einem guten Moment dafür gewinnen, es schon jetzt zu tun. Mit Schaufel und ganz viel Mut ausgerüstet zottelten die beiden am Montag in den nahe gelegenen Wald, um die Schnuller zu vergraben. Ohne einmal mit der Wimper zu zucken schmiss sie ihre treuen Wegbegleiter in die Grube und half beim Zuschaufeln. Als sie nach Hause kam, schien sie einen Kopf grösser zu sein - kein Baby mehr, alle Fäden zu ihrem Kleinkind-Sein durchgeschnitten...

"Bevor man neue Möglichkeiten ergreifen kann, muss man oft alte Gewohnheiten loslassen."

Autor unbekannt


Und so war der Nuggi kein Thema bis... ja eben bis der Mittagsschlaf anstand! Plötzlich war alle Vernunft ausgeschaltet und sie schrie nach ihrem Nuggi, als würde er sie hören und aus dem Wald zu ihr rennen. Es war ein erbärmliches Schluchzen, als der Trennungsschmerz und die Realität bei unserer kleinen "Grossen" einschlug. Mir graute vor diesem Moment, standen doch alle unsere Kinder irgendwann an diesem Punkt. Während unsere Älteste einen regelrechten Entzug durchmachte mit sich in den Schlaf schreien, zittern und dem kleinen Bruder den Nuggi aus dem Bett klauen, nahm es unser Sohn eher pragmatisch und war schnell darüber hinweg. Jetzt muss die Jüngste auch noch ihren Weg gehen und wir dürfen sie darin begleiten. Im Fall meines Mannes ist es ein Begleiten und Ermutigen, in meinem Fall ist es ein Mitleiden und sich Sorgen wie es wohl gehen wird.... Kurz: Ich hasse es! Wahrscheinlich hätte sie den Nuggi noch mit 16, wenn es nach mir ginge. Vielleicht liegt es daran, dass ich meinen Schnuller mit 5 an den Samichlous (Weihnachtsmann) abgeben musste. Ich wollte nicht, war überrumpelt, hatte aber so Angst vor ihm, dass ich nicht zu widersprechen wagte. Ein richtig traumatisches Erlebnis für meine zarte Kinderseele. Ein solches Erlebnis will ich meinen Kindern ersparen. Mein Verstand weiss, dass wir es gut machen, mit langer Vorbereitung, sie können wünschen wie sie ihn weggeben möchten etc. Aber mein Herz leidet jedesmal als ob es mein eigener Nuggi wäre!

 

In meinem Leben gibt es auch immer noch solche"Nuggi - Loslass" Phasen. Es gibt die Momente, in denen ich entscheide, dass ich mich zu fest an etwas klammere, oder es mein Leben zu fest einnimmt. Dann ist eine Entscheidung gefragt; loslassen und vergraben oder weiter dran festhalten? Weiterhin von etwas abhängig sein, aus dem ich eigentlich hinausgewachsen bin oder mutig vorwärts gehen in eine neue Phase, die mich weiter wachsen lässt. Wie bei meiner Tochter fällt es mir dann jeweils leicht die Grube zu schaufeln und das Zeugs zu vergraben. Hart wird es dann erst wenn der Zeitpunkt kommt, wo das Vergrabene fehlt, so wie bei der Tochter beim ersten Mittagsschlaf. Da geht es plötzlich ans Eingemachte und ich bekomme das Gefühl, ich könne überhaupt nicht eine Minute sein ohne das im Wald Zurückgelassene. Ich suche nach Ausreden, warum ich jetzt wieder in den Wald gehen muss und das Ganze ausgraben. Und manchmal tue ich das dann sogar...

Sich einen guten Vorsatz nehmen oder eine Lebensstilveränderung einleiten braucht Mut. An einem neuen Lebensstil festhalten braucht innere Standhaftigkeit und ganz viel Ermutigung von aussen. 

Das Nuggi Abenteuer meiner jüngsten Tochter hat mich einmal mehr daran erinnert, dass man einen solchen Weg besser zu Zweit geht und dass es in den harten Zeiten jemanden braucht, der an einem und für einem glaubt, dass man es schaffen kann. 

 

Heute  Morgen konnte unsere Jüngste voller Stolz auf eine gute Nacht, mit nur wenig Tränen am Abend, zurückschauen und gewann bereits an Mut und Gewissheit, dass sie es schaffen kann. Später beim Mittagsschlaf weinte sie schon nicht mehr und fragte auch nicht nach dem Nuggi. Wir zeigen ihr wie stolz wir sind und zeigen ihr die Fortschritte auf.

Mit einem dicken Stift strich sie das erste Feld bei ihrem "Nuggi - Plan" durch. Wenn alle 7 Felder durchgestrichen sind, dann gehen wir alle feiern - Wohin? In den Mc Donalds natürlich! 

 


Kommentar schreiben

Kommentare: 0