"Ich kann es (noch) nicht!"

Da sass ich nun im Zug auf dem Weg zu einer Prüfung, mit klopfendem Herzen und schwitzenden Händen; meine letzte Prüfung ist über ein Jahrzehnt her! Ich habe gelernt, mein Bestes gegeben, aber die zweifelnde Stimme in mir wollte einfach die Klappe nicht halten! «Was ist, wenn dein Bestes nicht gut genug ist?» flüsterte sie mir wie ein Mantra zu. «Du kannst das nicht, du hast dich bestimmt in deinen Fähigkeiten verschätzt!» - «Du wirst scheitern und dann werden alle dein Versagen sehen!» Ganz bewusst und mit grosser Anstrengung gelang es mir, den Lautstärkenregler für die positive Stimme in mir hochzudrehen:» Du genügst! Du gibst dein Bestes und das reicht! Du wirst nicht scheitern, sondern siegen – und wenn nicht siegen, dann lernst du etwas fürs Leben!»

Damit ich mich auf der 2 Stündigen Fahrt nicht selber innerlich halb totreden musste, hatte ich mir im Vorfeld noch ein Magazin gekauft, das ich gerne lese. Ich schlug die Seiten auf und landete als erstes beim Artikel «Das Gute am Scheitern»!

"Das Leben ist ein Prozess, kein Zustand!"

Antje Gardyan


Das war jetzt ein Witz oder?! Ich versuchte mir gerade mehr oder weniger erfolgreich das Scheitern auszureden und da sprang mich das Thema völlig unvorbereitet an! Ich begann zu lesen und war mir nicht sicher, ob dieser Artikel jetzt prophetisch für mich gemeint war und mich schon sanft auf mein «Nicht Bestehen» vorbereiten wollte…

Ich war schwer versucht zum nächsten Artikel zu blättern, aber der Text begann mich zu fesseln. Da war die Rede davon, dass man nur lernen kann, indem man auch ab und zu hinfällt. Wie ein Kind, das nur laufen lernt, indem es aufsteht und hinfällt. Das Hinfallen wird vom Kleinkind nicht als Niederlage gewertet, sondern es spornt es an, weiter zu versuchen bis aus «Ich kann noch nicht...» ein «Ich kann!» wird. Entscheidend im ersten Satz ist das Wort «noch». Ein mutiges Kind, glaubt daran, dass es die Herausforderung schaffen kann. Erst im Heranwachsen lernen wir, durch wiederholtes Scheitern und durch die Reaktion unserer Umwelt, dass etwas «noch nicht können» schlecht ist. Das entmutigt uns und wir können zur Überzeugung gelangen: «Ich kann es nicht!».

 

Der Journalist Matthew Syed schreibt in seinem Buch «das Black Box Prinzip»:

 

«Nur wer sieht, dass persönliche Entwicklung eine Folge von Üben und Lernen ist, betrachtet Scheitern als unvermeidlichen Aspekt eines Prozesses. Wer dagegen glaubt, Erfolg entstehe nur durch Talent und angeborene Intelligenz, fühlt sich durch Fehler bedroht. Denn Scheitern ist dann der Beweis dafür, dass man zu dumm oder zu unfähig ist.»

Wer hätte gedacht, dass der Artikel übers Scheitern, gerade in dem Moment auf dem Weg zu einer Prüfung, zur persönlichen Ermutigung wird? Ich nicht! Er machte mir Mut, die ganze Situation in einem anderen Licht zu sehen, nämlich als einen Prozess, dem ich nicht ausgeliefert bin. Ich habe mich jahrelang mit dem Thema der Prüfung auseinandergesetzt; geübt, gelesen, gelernt, angewendet. Das hat mich geformt und mich vorbereitet auf diesen einen Tag der Prüfung. In mir bildete sich in dieser kurzen Zeit die Zuversicht, dass ich «es kann», oder im Falle eines negativen Bescheids, eben «noch nicht kann». Scheitern als einen Teil des Weges zu sehen, anstatt als Ende des Weges, entspannte mich gehörig.

 

Diese Gedanken über Scheitern und das Vertrauen, dass mein Weg in Gottes Händen liegt, halfen mir an jenem Tag durch den ersten teil der Prüfung. Vor einer Woche stand jedoch die Praktische an un vor der hatte ich Angst hoch zwei! Zwei Tage vorher ging ich, wie gewohnt ins Jazz tanzen. Ich musste mich richtig aufraffen, hätte am liebsten geschwänzt, weil ich so abgelenkt und nervös war. Bei der einen Übung, die wir jetzt schon mehrere Wochen üben rief meine Tanzlehrerin plötzlich:

 

"Andrea, Schau nach oben! Du weisst was als nächstes kommt. Du musst nicht bei den anderen abschauen!"

Sie hat von der Übung gesprochen und von einer Figur, die nur gut aussieht, wenn man den Kopf und den Blick zur Decke richtet. Ich habe aber sofort und ohne nachzudenken, einen "Gottesmoment" erlebt! Dieser simple Satz,rann wie Balsam über meine ¨ängstliche Seele, denn er traf auch auf die bevorstehende Prüfung zu. Nach oben schauen, heisst für mich, auf Gott schauen und ihm vertrauen. Dann, wenn der Blick nach oben fokussiert ist, darf ich auf meine Fähigkeiten vertrauen und muss nicht aus Angst vor Patzern rechts oder links schauen. Ich weiss was kommt!

 

Gott hat mich zweimal aus dem Leben heraus angesprochen und vorbereitet. Er nahm meinen Alltag, wo und wie ich gerade war; redete zu mir durch einen Artikel und meine Tanzlehrerin. So gesehen war diese Prüfung viel mehr als ein "mich beweisen müssen" - es war mit allem drum und dran eine wertvolle Lektion fürs Leben!

 

Was? Ihr wollt wissen wie die Geschichte ausging? Mit BESTANDEN ! 


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Kommentare: 3
  • #1

    Ruth Bucher (Dienstag, 18 April 2017 22:11)

    Herzliche Gratulation zur bestandenen Prüfung ���� und dein Arikel ist eine Ermutigung. Danke! Liebe Grüsse ����

  • #2

    mammandrea (Dienstag, 18 April 2017 22:14)

    Danke liebe Ruth! ich bin wirklich sehr erleichtert und kann meine Energie nun wieder für anderes brauchen (-;

  • #3

    Andrea E. (Donnerstag, 27 April 2017 18:32)

    Liebe Andrea, herzliche Gratulation zur bestandenen Prüfung und danke für den Einblick in Deine Gefühlswelt. Es ist ja so genial und ermutigend, dass der grosse und allmächtige Gott durch ganz "banale" und alltägliche Situationen zu uns spricht! Liebe Grüsse!