Frühlingszeit - Gartenzeit?

Wann ist der richtige Zeitpunkt, um den Garten zu bepflanzen? Die Meinungen sind so vielfältig wie die Gärtner selbst: «Nicht vor Mitte Mai», sagen die einen. «Da kommen noch die Eisheiligen!», «Warte noch die kalte Sophie ab!» «Es kommt noch mal Schnee.» Wie soll da der Hobby Gärtner noch wissen, was zu tun ist? Ich sag mir: Go with the flow...

 

 

"Der Garten erinnert uns daran, dass alles seine Zeit hat und seine Zeit braucht."

Heidrun Kuhlmann


Und der «Flow» war für mich im April zu spüren, als es endlich mal zwei Tage schön war. Schnell in der LANDI Setzlinge und Samen kaufen und dann ab in die Gartenbeete.

 

«Das hätten sie nicht tun sollen!», war der Kommentar eines meiner Spitexklienten am nächsten Tag. «Es kommt noch mal Schnee.» Und tatsächlich! Es kam nochmals Schnee; was sag ich - nicht noch einmal, sondern zweimal! Da rühme ich mich des Gartenvlieses; meine Setzlinge und Samen waren kuschelig abgedeckt mit dem weissen Tüll und geschützt vor Schnee und fiesem Bodenfrost. So überlies ich alles dem natürlichen Lauf der Dinge und habe mich über drei Wochen nicht mehr um den Garten gekümmert. Es war ja auch immer kaltes und so gar nicht Gartenwürdiges Wetter…naja ich geb's zu; ich hab's vergessen!

 

Als letzte Woche doch mal wieder ein Sonnenstrahl hervorkroch, kam auch das «Gartenflow – Feeling» zurück und ich lüftete die Gemüsedecke. Was ich darunter antraf war ernüchternd: Weder die Bohnen- noch Karottensamen haben gekeimt, aber dafür das Unkraut! Meine Salat- und Gurkensetzlinge waren zur Hälfte von militanten Schnecken zerstört worden und die Zucchetti sind dem Bodenfrost zum Opfer gefallen. Schöne Mischt! Wir machen’s noch einmal, diesmal mit Bio Schneckenkörnern und dem Bewusstsein, dass ich mich fleissiger als alle drei Wochen um meinen Garten kümmern sollte.

«Was? Sie haben Bohnen gesät?» Fragte eine andere Klientin mich Vorgestern. «Das hätten sie nicht tun sollen! Der Mond ist noch nicht abnehmend.» (oder hat sie zunehmend gesagt?) Wie bitte was?! Ich verwarf mental die Hände und beschloss, dass meine gärtnerischen Tätigkeiten ab sofort ein Geheimnis bleiben würden!

Von meinem Schwager, der schon die ersten Salatköpfe ernten kann und dessen Setzlinge wie Rekruten stramm in den Beeten stehen, will ich erst gar nicht anfangen zu reden…(Go for it Beni! Dein Garten ist mein Ideal und DU somit mein Vorbild)

 

Und die Moral der Geschichte? Mir wurde bewusst, dass ich auch in meinem Leben nicht einfach etwas Neues beginnen oder etwas säen kann, nur um es dann zu vernachlässigen, in der Hoffnung, dass es von selbst wächst. Eine neue Idee, eine neue Vision oder Berufung, muss ich «chüderle» (pflegen und hegen), ich kann sie nicht einfach warm zudecken und ihrem Schicksal überlassen. Dann ist es fast garantiert so wie mit meinem Garten; die Stürme und der Bodenfrost meines Lebens können den zarten Samen nicht keimen lassen und Ungeziefer, in Form von Zweifel und Angst, fressen die noch junge und zerbrechliche Hoffnung auf etwas Neues.

 

Ende letzten Jahres wurde bei meinem Mann und mir ein solcher Same gesät und versuchte langsam seine Wurzeln keimen zu lassen. Ich fand die Idee eines zweimonatigen Sabbaticals mit der Familie super, habe ich doch immer alle anderen Familien bewundert und vielleiht etwas benieden, die sich eine solche Auszeit nahmen. Ein bisschen wie, wenn ich aus der Ferne den Garten meines Schwagers bewundere.

Aber jetzt wurde es konkret und ich zog im metaphorischen Sinne die Gartenhandschuhe an, um den Samen einzupflanzen und dann das Vlies des «vor sich Hinschiebens» drüber zu ziehen. Während mein Mann das Thema immer wieder auf den Tisch brachte, wischte ich es mit «Es ist noch zu früh, ich weiss noch grad nicht was ich will, lass uns noch Abwarten» Sätzen vom Tisch.

Zweifel und Ängste vor dem Unbekannten und Ungewissen, frassen am keimenden Setzling dieser Idee und drohten ihn zu zerstören. Gott sei Dank ist mein Mann ein zielstrebigerer Ideenverfolger, als ich ein Gärtner bin und er sprach das Thema immer wieder an, riss Unkraut aus, gab der Idee Wasser und streute sinnbildliche Schneckenkörner, in Form von guten Argumenten.

Das Vlies des Vergessens musste weg und wir begannen der Idee gemeinsam zu «chüderle» bis sie zu spriessen begann, wuchs und Gestalt annahm. Jetzt ist es entschieden! Wir gehen im Januar/Februar 2020 in ein zweimonatiges Sabbatical. Wohin? Das erfahrt ihr irgendwann in nächster Zeit, wenn alle noch zu klärenden Hindernisse weggeräumt sind.

 

Die ganze Entscheidungsfindung war ein Prozess, des sich Kümmerns und Hinschauens. Keine Idee kann Gestalt annehmen, wenn man sie einfach zudeckt und vergisst. Wir müssen etwas dafür tun, auch wenn es im ersten Moment Angst machen kann, sich mir etwas Neuem auseinanderzusetzen. Das kann die Angst des Scheiterns sein. Wie in meinem Garten: Ich musste mich irgendwann vor zwei Jahren entscheiden, ob ich überhaupt noch Gärtnern will. Die vielen Meinungen und Ungewissheiten ob des Erfolgs, brachten mir Versagensängste. Ich entschied mich schliesslich für ein Ja, weil ich mich dafür entschied, Dinge auszuprobieren und mein Mögliches zu geben. Die Freude über eine geerntete Zucchetti ist Lohn genug!

 

So bin ich gespannt, was dieser Setzling namens «Sabbatical» für Früchte bringen wird und vertraue fest darauf, dass die Früchte uns als Familie schmecken und zusammenschweissen werden.

 

Also ihr alle: ab in den Garten eures Lebens, es gibt viel zu säen und zu giessen, damit Frucht entstehen kann!


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Kommentare: 1
  • #1

    Simone Carroni (Dienstag, 28 Mai 2019 21:00)

    Wow, gerade ein Mutmacher für unseren Umzug ins Beo. Danke!