Die Frage, die mir Corona stellt

Nach so vielen Wochen im partiellen Lockdown fühle ich mich manchmal ganz schön ausgehebelt! Meine Frauenfrühstück Anlässe und Ladies Day Referate wurden abgesagt und anstatt zu Frauen über mein Herzensthema zu sprechen, spreche ich mit meinen Kindern über Mathematik und deutsche Grammatik. Anstatt positive Feedbacks zu meinem Referat zu erhalten und dutzende meiner Bücher zu verkaufen, bekomme ich das Gemotze meiner halb motivierten Kinder und verzweifle über das, in meinen Augen pädagogisch blödsinnige, Französisch Lehrmittel «Mille Feuille». Es macht seinem Namen tatsächlich alle Ehre: 1000 Blätter und ein System, das sich mir einfach nicht erschliessen will. Da hatte man mit dem «Bonne Chance», wie es der Titel so schön sagt, schon etwas mehr Glück ein paar Worte Französisch zu lernen….

 


«Corona stellt mir eine entscheidende Frage: Wer bin ich, wenn ich nicht bin, was ich arbeite, kaufe, zeige, unternehme?»

Maren aus der Zeitschrift «FLOW»


Anstatt jede Woche mehrere Beratungsgespräche zu führen und somit genügend Lohn zu bekommen, haben wir nur tröpfchenweise Termine und auch das Geld tröpfelt, anstatt zu fliessen. Aber was jammere ich?! Es geht uns allen auf die eine oder andere Art genau gleich. Wir sitzen im selben «Lockdown Boot» und müssen mit den Konsequenzen klarkommen.

 

Was mir in den letzten Wochen doch zu denken gab, ist meine Reaktion auf die veränderte Lebenslage. Ich bin nicht an Leib und Leben bedroht und trotzdem löst dieser Ausnahmezustand eine kleinere Sinnkrise in mir aus. Wer bin ich? Was macht mich aus?

Genau wie das Zitat auf dem Flow, stelle auch ich mir die Frage, wer ich bin, wenn ich nicht tue, was ich sonst immer tue? Was gibt mir Sinn, Bestätigung und Erfüllung? Ist doch klar; Gott! Was denn sonst! Das wäre jetzt die naheliegende Antwort für eine an Gott glaubende Person wie mich.

 

Ich habe aber gerade erst für ein Magazin einen Artikel über Ehrlichkeit geschrieben und drum kann ich mich und euch nicht einfach mit diesen Plattitüden abspeisen. Tatsache ist, dass ich jetzt, wo ich nicht so sehr in Beziehung stehe mit Menschen, die mir Bestätigung und Anerkennung geben für mein Reden, Schreiben und Handeln, mit Selbstzweifeln zu kämpfen habe.

Für meine Beratungs- und Referatsarbeit habe ich mir den Titel von Reinhold Ruthes Autobiografie zu eigen gemacht:

«Mit Gott für den Menschen»

 

Ein Credo, das mich daran erinnert, dass alles was ich tue, mit Gottes Hilfe getan werden darf und ich dabei meinen Mitmenschen und sein Wohl im Fokus haben will. Das Motto hilft mir bei meiner Arbeit in der Spitex, in der Beratung und in meinen Vorträgen.

 

Jetzt muss ich aber feststellen, dass mein Handeln und Streben nicht so selbstlos ist wie dieses Zitat besagt, sondern dass da auch noch ganz viel «für mich» drin ist; meine Bestätigung, meine Wichtigkeit, Anerkennung etc. Um fair zu bleiben; Ruthe ist über 90 und hatte viele Jahrzehnte, um diese Einstellung zu perfektionieren – ich habe noch ein wenig Zeit. Jetzt, wo alles wegfällt, was mir äusserlichen und innerlichen Wert gibt, geht’s ans Eingemachte! Was ist, wenn mein Tag von Bedeutung sein muss, damit ich mich erfüllt fühle? Und was, wenn alles was dem Tag Bedeutung gibt; Aktivitäten, Arbeit, Begegnungen, im Moment wegfällt?

Plötzlich muss ich mir selbst einen bedeutungsvollen Tag geben und ich muss das Wort Erfüllung neu füllen. Hier wird deutlich, was schon Alfred Adler, der Begründer der Individualpsychologie sagte:

«Nicht die Tatsachen bestimmen unser Leben, sondern wie wir sie deuten»

 

Tatsache ist: wir können nicht leben wie vor dem Corona, wir sind eingeschränkt. Wie ich damit umgehe bestimmt jetzt aber meine Deutung der Tatsache. Ich kann daran verzweifeln, resignieren, aufbegehren oder daran wachsen – je nach Interpretation.

 

Auf der Suche nach einer positiven Deutung führt mich mein Weg immer zu Gott. Jesus sprach oft in Bildern, damit ihn die Menschen seiner Zeit besser verstehen konnten. In Johannes 15 vergleicht er sich mit einem Weinstock und Gott mit dem Weinbauern. Wir Menschen sind die Reben, die am Weinstock befestigt sind und durch ihn Kraft und Leben beziehen, damit wir Frucht bringen können. Ich denke «Frucht» die wir bringen, sollte immer etwas Lebenspendendes und Nützliches an sich haben, so wie Trauben ja auch.

 

"Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Weingärtner.  Alle Reben am Weinstock, die keine Trauben tragen, schneidet er ab. Aber die Frucht tragenden Reben beschneidet er sorgfältig, damit sie noch mehr Frucht bringen." Vers 1-2

 

Ich bin kein Weinbauer, aber verstehe das Prinzip vom zurückschneiden des Weinstocks. Reben, die keine Frucht bringen werden, abgeschnitten, die die Frucht bringen werden zurückgeschnitten, damit sie im nächsten Jahr noch mehr Trauben einbringen.

 

Und Bämm! Plötzlich bekommt diese Zeit einen Sinn! Ist Gott gerade daran mich aufs Wesentliche zurückzuschneiden, mir eine Pause zuzutrauen, nicht um in einen Winterschlaf oder in Stillstand zu verfallen, sondern damit sich meine Kräfte neu bündeln können und damit er an meinem Charakter arbeiten kann? Damit ich mich eben diesen Frage stelle? Wer ich bin. Wozu ich bin. Was mich antreibt und was meine Motivation ist.

 

"Ich bin der Weinstock, und ihr seid die Reben. Wer mit mir verbunden bleibt, so wie ich mit ihm, der trägt viel Frucht. Denn ohne mich könnt ihr nichts ausrichten." Vers 5

 

 

Solange ich fest mit dem Weinstock, Jesus Christus, verbunden bleibe und den fähigen Händen des Weinbauern, Gott, vertraue, hat alles einen Sinn und ich bin verwurzelt und ruhend in seiner Fürsorge und Liebe.

 

Ich wünsche auch dir, dass du in dieser Zeit eine positive Deutung der Tatsachen finden kannst, auf dass du an Charakter und Persönlichkeit gewinnst und gestärkt aus dieser Krise hervorgehen wirst! Ich glaube fest daran!

 

 


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Kommentare: 1
  • #1

    Christian (Montag, 27 April 2020 22:15)

    Danke für diese WAHRhaftigen und WUNDERbaren GeDANKEn!