Mut-Anfall

Wenn mein zehnjähriger Sohn mir nonchalant sagt: „Mamma, ich bin vom 10 Meter Sprungturm gesprungen.“, dann staune ich jedes Mal mit welcher Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit er das tut! Was muss der Junge für Mut haben, dass er das seit er 9 Jahre alt ist wagt!

 

 Was oder wer entscheidet wohl, für welche Aufgaben und Herausforderungen im Leben wir Mut aufbringen und an welchen wir verzagen?

 

Photo by Biblioteca Valenciana Nicolau Primitiu on Unsplash

"Was immer Du tun und erträumen kannst, du kannst damit beginnen. Im Mut liegen Schöpferkraft, Stärke und Zauber."


Ich zum Beispiel muss mich immer wieder überwinden allein in ein Restaurant zu gehen und mir etwas zu Essen zu bestellen. Ich fühle mich dann unsicher und exponiert und hasse dieses Gefühl. Ich denke an alle anderen, die zu zweit oder in Gruppen dort sind und das gibt mir ein Gefühl des „Nicht- Dazugehörens“. Komisch, denn ich kenne die Leute nicht einmal und habe auch kein gesteigertes Interesse, mit ihnen ein Gespräch anzufangen. Und trotzdem fühle ich mich nie einsamer als allein an einem Tisch inmitten von Menschen zu sitzen. Und aus diesem Grund kam es auch schon vor, dass ich mit dem Vorsatz etwas zu essen zu einem Restaurant lief, nur um dann verzagt daran vorbeizulaufen und mir im Migros ein Sandwich zu kaufen. Das Gefühl, welches dann zurückbleibt, ist das von Versagen und Entmutigung. Es ist, wie wenn mein Sohn auf der 10 Meter Plattform stehen und sich in letzter Sekunde umentscheiden und die Treppe runter gehen würde. Je öfter er eine solche Erfahrung machen würde, desto weniger würde er es sich zutrauen.

 

Mut wächst mit positiven Erfahrungen und Mut ist ja bekanntlich nicht die Abwesenheit von Angst, sondern dass man etwas wagt trotzdem man Angst hat.

 

Damit man aber etwas wagt, wovor man eigentlich Respekt hat, braucht es manchmal einen längeren Prozess der Ermutigung.

 

Wenn ich jemanden ermutige, heisst das nichts anderes als dass sich durch meine ermutigenden Worte, der Mut in meinem Gegenüber mehren kann. Ermutigen heisst, dass ich jemandem etwas zutraue, ihm eine andere Sicht von sich selbst ermögliche, ihn in seinem Selbstwert stärke, damit er positiver von sich denkt und beginnt für sein Leben oder gewisse Situationen Verantwortung zu übernehmen. In meiner Arbeit als Beraterin, gehört die Ermutigung zum täglichen Brot.

 

In meinem Alltag in der Familie sieht es manchmal aber leider anders aus. Dort fällt es mir schwerer, meine Kinder zu ermutigen, anstatt sie ungeduldig anzutreiben, wenn ihnen etwas nicht auf Anhieb gelingt. Dort sehe ich viel schneller das was fehlt, anstatt das hervorzuheben, was da ist.

 

Zu Hause muss ich mich immer wieder bewusst entscheiden, eine Haltung der Ermutigung einzunehmen. Wenn es mir gelingt, dann stelle ich fest, dass sich meine Kinder mehr zutrauen und dass sie an Selbstvertrauen dazugewinnen. Ein „ich glaube an dich, du schaffst das“ verhilft ihnen dazu, positive Erfahrungen zu machen und dadurch offener und mutiger durchs Leben zu gehen.

 

 

Nicht jeder Mensch hat gleichviel Lebensmut, je nachdem wie er aufgewachsen ist und wie sein „Mut-Tank“ gefüllt wurde. Das Level an Lebensmut bestimmt die Haltung, die ich gegenüber dem Leben und anderen Menschen habe. Eine mutlose Person, sieht hinter allem eine Gefahr und erwarten von vielen das Schlechteste. Sie traut sich die Aufgaben, die uns das Leben stellt nicht zu und zieht sich zurück, oder ist nicht offen für Neues, verharrt im Altbekannten.

 

Wir alle kennen solche Menschen und können für sie durch Ermutigung zum „Mut-Bringer“ werden, indem wir zum Beispiel ehrlich und von Herzen an sie glauben, sie respektieren und so annehmen, wie sie sind.

 

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich nicht immer auf jemanden warten muss, der mich ermutigt, sobald ich mich mutlos fühle – ich kann mich auch selbst ermutigen. Im Falle des Restaurant Besuchs sah es letzte Woche konkret so aus: Ich habe mir selbst gut zugeredet und positive Wahrheiten in mein Leben gesprochen. Ich habe mich an die guten Erfahrungen erinnert und daran, dass ich mich auch wenn ich allein bin, nicht einsam fühlen muss, weil ich es mir wert bin, mit mir zusammen an einem Tisch zu essen. Wie nach dem ersten Mal von 10 Meter Sprungturm springen, wird es mit jedem Mal leichter!

 

So wünsche ich dir diese Woche viele ermutigende Begegnugen und dass du ein "Mut-Bringer" für dein Gegenüber sein kannst! Und wenn dir diese Woche etwas bevorsteht, das dir Angst macht, dann wünsche ich dir einen "Mut Anfall" - auf dass du trotz Angst das Leben wagst und mutvoller daraus hervorgehst!

 

 

 

Johann Wolfang von Goethe


Kommentar schreiben

Kommentare: 0